Sterben, Tod und Jenseits – die Ansichten in Spätmittelalter und Früher Neuzeit

Krieg, Hunger und Pest

Die Pest „war schon einige Jahre früher im Morgenland aufgeflammt, (…) um sich dann, ohne Aufenthalt von einem Ort zum anderen eilend, gen Westen auf grauenvolle Weise auszubreiten. (…) Die meisten starben innerhalb von drei Tagen nach den ersten Anzeichen.“ (Boccaccio: Dekameron, 1348-53, gedruckt 1470, hier Ausg. 1984, S. 12)

Mit diesen Worten beschreibt der italienischer Dichter und Humanist Boccaccio (1313-1375) die furchtbaren Auswirkungen der Mitte des 14. Jahrhunderts in Europa wütenden Pest.

Bis in das 18. Jahrhundert bleib die Pest in Mitteleuropa präsent, flammte hier und da immer wieder auf, riss die Menschen mit in den Tod. Anschließend blieben die Bedrohungen der Pest noch lange im kollektiven Gedächtnis – oder die Gedanken an die Seuche wurden durch außereuropäische Erlebnisse neu entfacht (siehe Bild).

Doch die ansteckende Pest war nicht der einzige Grund für das ständige Bedrohtsein des Lebens. Auch lange Kriege und Naturkatastrophen, die große Hungersnöte nach sich zogen, forderten ihren Tribut, sprich: viele Menschenleben – der Tod war „ganz nahe und vertrauter Bestandteil des Alltagslebens.“ (Ariès, Geschichte des Todes, S. 34)

Hunger, Krieg und Pest hangen eng zusammen. Es gab kaum ein Entrinnen. Menschen aus dem Umland flohen vor Kriegstruppen in die Städte. Die Felder wurden nicht länger bestellt. In der Stadt waren bald die Essensvorräte aufgebraucht. Der Hunger, schlechte Ernährung und weitere Lebensumstände in der überfüllten Stadt schwächte die Konstitution der Menschen. Kranheitserreger fanden rasch Verbreitung und streckten auch solche Personen nieder, die unter normalen Umständen resistent waren.

Doch der Tod war für die Zeitgenossen, wie gesagt, nicht nur Ende, sondern immer auch Anfang. „Im sterblichen Menschen steckt ein vnsterblicher mensch / es steckt noch ein Kerl in dem Kerl“, hieß es in einer Redeweise. (Münch, Lebensformen, S. 481)

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Anhang: Bilder zur Geschichte von Sterben, Tod und Jenseits

Antoine-Jean Gros: Bonaparte bei den Pestkranken von Jaffa, 1804; Paris, Louvre

Antoine-Jean Gros: Bonaparte bei den Pestkranken von Jaffa, 1804; Paris, Louvre; Source/Photographer: Musée du Louvre

Antoine-Jean Gros: Bonaparte bei den Pestkranken von Jaffa, 1804; Paris, Louvre; Source/Photographer: Musée du Louvre

Die Verherrlichung Napoleons findet sich auch in diesem großformatigen Bild (532 x 720 cm), das heute im Pariser Louvre zu bewundern ist. Es zeigt einen mutigen Napoleon, der ohne Atemschutz (wie ein General hinter ihm), ohne die Angst vor der Ansteckung, auf einen Kranken zugeht und dessen Wunde unter den Achselhöhlen berührt (siehe Ausschnitt der Hand) – in Anlehnung an Christus, der einen Aussätzigen berührte?

Tatsächlich hatte Napoleon das Bild in Auftrag gegeben, um der Anschuldigung der britischen Presse entgegenzutzreten, er wolle die eigenen, an der Pest erkrankten Soldaten umbringen lassen, so dass sie nicht in des Gegners Hände fielen. (Siehe die Website des Louvre, Paris)

Ein arabischer Arzt versorgt in dem offenen Pesthaus, dem Hofraum einer Moschee, die erkrankten französischen Soldaten . Das offenbar von links-vorne einfallende Licht betont die Szenerie um Napoleon Bonaparte. Die Erkrankten und Gestorbenen, teilweise lediglich mit einem Tuch umkleidet, recken sich dem Feldherrn entgegen oder liegen bereits kraftlos oder tot auf dem Boden.

Fast zur Gänze verschwinden grauenvoll flehende Blicke in der rechten unteren Ecke.

Ein Blinder (rechts, mit dunklem Gewand) scheint sich den Weg zu Napoleon bahnen zu wollen. Links verteilen zwei Araber Brot an die Kranken.

Kein sehr hoffnungsvolles Bild, aber eines, das Napoleon als Helden apostrophiert…

Leben und Werk Antoine-Jean Gros:

  • 1771 geboren in Paris
  • ab 1814 Leitung des Ateliers von Jacques-Louis David
  • 1835 gest. in Bas-Meudon (Selbstmord)

Antoine-Jean Gros war ein Schüler des Begründers der klassizistischen Kunst in Frankreich, Jacques-Louis Davids, und fertigte vornehmlich Historien- und Porträtbilder.

Zum Hofmaler ernannt, verherrlichte Gros in seinen Bildern Napoleon Bonaparte, wovon etliche Bilder des Feldherrn, seiner Generäle und Schlachten zeugen.

Später avancierte Gros zum Vorbild der romantischen Schule eines Eugène Delacroix und Theodor Géricault.

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