Hieronymus Bosch: Der Gaukler, um 1500; Bild: 5.555 Meisterwerke. © 2000 DIRECTMEDIA Publishing GmbH

Das folgende Bild stammt von Hieronymus Bosch (1450-1516). Bosch war ein Maler der Renaissance, der v.a. für seine „fantastischen“ Bilder samt äußerst merkwürdigen Kreaturen bekannt ist. Der Maler hat zu seinen Bildern keine schriftlichen Aufzeichnungen hinterlassen – und gerade diese wären bei so manch außergewöhnlichen Bildern von ihm sehr hilfreich gewesen. Kurz: Die Deutungen seiner Werke sind sehr schwierig.

Das folgende Bild „Der Gaukler“ oder „Der Taschenspieler“, das um 1500 entstand, macht es dem Betrachter zumindest etwas einfacher:

Hieronymus Bosch: Der Gaukler, um 1500; Bild: 5.555 Meisterwerke. © 2000 DIRECTMEDIA Publishing GmbH

Hieronymus Bosch: Der Gaukler, um 1500; Bild: 5.555 Meisterwerke. © 2000 DIRECTMEDIA Publishing GmbH

Drei, wahrscheinlich sogar vier Tiere sind auf diesem Bild zu sehen: Ein kleiner Hund rechts unten vom Tisch, eine Eule in einem Gefäß des Gauklers (rechte Person), ein Frosch auf dem Tisch (links) und wohl noch ein weiterer Frosch im Mund der großen gebeugten Person links. Was es mit diesen Tieren auf sich hat, wird nachfolgend erklärt.

Bildbeschreibung

Im Mittelpunkt steht ein Tisch mit einigen Gegenständen des Gauklers.Der Gaukler steht rechts vom Tisch, die weiteren Anwesenden, darunter ein Dieb, links.

Gaukler meint eigentlich einen Künstler, der Tricks vorführt. Früher hatte der Begriff jedoch etwas Schlechtes an sich. Viele Menschen nahmen an, dass der Gaukler sie betrügt und sie um ihr Geld bringen wollte. Tatsächlich gab es einige solcher Gaukler, die durch das Land zogen und die Bevölkerung mit ihren Tricks zum Staunen brachten – und ihnen das Geld aus der Tasche zogen.

Der Gaukler auf diesem Bild trägt einen auffallend hohen Hut – laut Rose-Marie und Rainer Hagen (Meisterwerke im Detail, Bd. 1, 2005, S. 125) ein Zeichen für die weltliche Macht: Solche Kopfbedeckungen trug man am burgundischen Hof und dann auch im wohlhabenden Bürgertum. Die weltliche Macht bringe zusammen mit der Geistlichkeit das Volk um ihr Geld: Der Dieb links trägt nämlich die Ordenstracht der Dominikaner – und schneidet der gebeugten Person gerade den Geldbeutel ab, dabei auch noch ablenkend und heuchlerisch gen Himmel schauend.

Ob es sich bei der Person, die gerade betrogen und beraubt wird, wegen des Schlüssels um eine Hausfrau handelt, wie die Autoren außerdem anmerken (S. 123), vermag ich nicht zu sagen. Die eher männlichen Gesichtszüge sprechen dagegen. Zudem war ein Schlüssel nicht nur ein Attribut der Hausfrauen, sondern z.B. auch der Päpste. Und so wurde in dieser Gestalt auch schon der Papst Innozenz VIII. (1432-1492) gesehen (nach Mariijnissen, 1988, Art. „Der Gaukler“).

Ausschnitt aus dem Bild obenDas verdutzte Gesicht des Gebeugten korrespondiert m.E. mit dem Bild auf dem Tisch. Nach links gedreht bilden die Gegenstände des Gauklers (Becher, Zauberstab, Kugeln sowie ein Frosch) nämlich ein Gesicht. Solche Bilder, auf denen erst nach dem Drehen etwas Bestimmtes zu sehen ist, nennt man übrigens Vexierbilder. Sie waren zu Lebzeiten des Künstlers Bosch sehr beliebt. Den Mund dieses Gesichts bildet der kleine Frosch – und auch im Mund des Betrogenen kommt neben Speichel oder Schleim wohl noch ein weiterer Frosch zum Vorschein. Ist dies der Trick des Gauklers, der Frösche aus dem Mund eines Zuschauers zaubert, wie Peter Rawert 2010 in der FAZ behauptet? Das Vexierbild und die Beziehung, die daraus zum Gesicht des Betrogenen besteht, sprechen m.E. dafür. Aber welche Bedeutung hatte der Frosch? Ist er lediglich das Pendant zum „Kaninchen“ des gegenwärtigen Zauberers, wie Rawert behauptet?

Der Frosch

Ausschnitt aus dem Bild oben„Der Herr sprach zu Mose: Sag zu Aaron: Streck deine Hand mit dem Stab aus über die Flüsse, über die Nilarme und die Sümpfe und lass die Frösche über Ägypten kommen!“ Mit diesem Ausspruch des alttestamentarischen Gottes begann die zweite der zehn Plagen über Ägypten.Interessanterweise war der Frosch im alten Ägypten ein positives Symbol: Er stand für Fruchtbarkeit und Auferstehung (Kretschmer, 2008, S. 143) – in den Schriften der Bibel ist der Frosch eher ein Symbol für etwas Schlechtes. So auch in der Apokalypse: Drei unreine Geister oder Dämonen sahen aus wie Frösche (Offenbarung 16,13; Einheitsübersetzung). Diese negative Bedeutung behielt der Frosch in der weiteren christlichen Geschichte.

Dass also der Gaukler und Betrüger Frösche aus dem Mund des Gegenübers „zaubert“, passt in das Bild.

Die Eule

Ausschnitt aus dem Bild oben

Um die Eule gut zu erkennen, muss man schon genau hinschauen. Sie befindet sich in einem Korbgefäß am Gürtel des Gauners. In der Antike galt sie als ein Tier der Weisheit. In wenigen späteren Darstellungen aus dem christlichen Kulturkreis zeigt sich diese Bedeutung immer noch. Allerdings wandelt sich das Bild der Eule zunehmend zu einem Symbol für die Finsternis, auch der geistigen Finsternis: Unglauben, aber auch Dummheit (Kretschmer, 2008, S. 143). Das Rufen der Eulen galt als Vorzeichen des Todes. Ihr durchdringender Blick, so meinte man, könne töten oder verhexen.

Den durchdringenden Blick erkennt man hier auch beim Gaukler selbst. Die Eule zeigt also zusätzlich die Hinterlist des Gauners an, der die Dummheit der Zuschauenden und Mitmachenden ausnutzt.

Der Hund

Ausschnitt aus dem Bild oben

Auch der Hund hatte in den Augen früher lebender Menschen nicht nur gute Eigenschaften. Ihm wurde auch nachgesagt, dass er neidisch und gierig sein konnte. Dem Maler Hieronymus Bosch war dies bekannt. In einem anderem Werk, „Die sieben Todsünden“, hat er einen Hund gemalt, der schon zwei Knochen besitzt und trotzdem Gier nach einem dritten Knochen hat. Ein anderer Hund ist neidisch auf ihn.

Der Hund in dem Bild „Der Gaukler“ trägt eine merkwürdige Mütze – ist dies eine Ordensmütze, wie sie eigentlich der Mann ganz links zu seiner Ordenstracht tragen müsste? Leider hat sich Bosch auch hierzu nicht geäußert und daher kann man dies nur vermuten. Dieses würde allerdings bekräftigen, dass die beiden Männer links und rechts Komplizen sind.


Literatur zu diesem Artikel

Cover: Meisterwerke im Detail, jpc.de

Hagen, Rose-Marie und Rainer Hagen: Meisterwerke im Detail. 2 Bde. Köln 2005.
Anregend zu lesen, auch wenn man als Kunstlaie nicht alle Deutungen nachvollziehen kann.

Cover: Kretschmer: Lexikon der Symbole.

Kretschmer, Hildegard: Lexikon der Symbole und Attribute in der Kunst. Reclam 2008.
Ein gutes Nachschlagewerk für die Kunst vom frühen Christentum bis zum 19. Jahrhundert. Eine Rezension zum Buch findet sich bei sehepunkte.de.

Marijnissen, Roger H.: Hieronymus Bosch – das vollständige Werk. Unter Mitwirkung v. Peter Ruyffelaere. Weinheim, 1988.
Ein toller Bildband, der leider nur noch gebraucht zu kaufen ist.

Rawert, Peter: Im Zeichen der Kröte: Du sollst nicht Becher spielen! In: Frankfurter Allgemeine Zeitung onlíne, 19.02.2010 (http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/kunstmarkt/im-zeichen-der-kroete-du-sollst-nicht-becher-spielen-1941904.html, Stand 29.12.2016)

Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift. Hrsg. von der Katholischen Bibelanstalt. Stuttgart 1980. Online lesbar auf BibelServer.de.

 

Levinus Hulsius: Kurtze wunderbare Beschreibung deß goldreichen Königreichs Guianae in Amerika (...) Nürnberg 1599

… noch in Arbeit.

Zum Verhältnis Mensch und Tier

Benecke, Norbert: Der Mensch und seine Haustiere. Die Geschichte einer jahrtausendealten Beziehung. Köln 2001 (Lizenzausgabe der Ausgabe von Stuttgart 1994)

Mensch und Tier. Geschichte einer heiklen Beziehung. Hrsg. vom ZDF-Nachtstudio. Frankfurt am Main 2001.

Münch, Paul (Hrsg): Tiere und Menschen: Geschichte und Aktualität eines prekären Verhältnisses. Paderborn u.a. 1998 (online abrufbar auf Digi20 der Bayerischen Staatbibliothek und der Deutschen Forschungsgemeinschaft)

Kunst

Dialog der Kreaturen. Tier und Mensch in der europäischen Malerei. Hrsg. von der Stadt Paderborn und der Städt. Galerie in der Reithalle Schloss Neuhaus. Katalog zur Ausstellung in Paderborn und Selm (1997/98). Paderborn 1998.

Hammer-Tugendhat, Daniela: Das Sichtbare und das Unsichtbare. Zur holländischen Malerei des 17. Jahrhunderts, Böhlau Verlag, Köln, Weimar, Wien 2009.

List, Claudia: Tiere: Gestalt und Bedeutung in der Kunst. 1993

Levinus Hulsius: Kurtze Wunderbare Beschreibung. Deß Goldreichen Königreichs Guianae in America / oder newen Welt (...). Nürnberg 1599

Levinus Hulsius: Kurtze Wunderbare Beschreibung. Deß Goldreichen Königreichs Guianae in America / oder newen Welt (…). Nürnberg 1599 (Google Books)

Auf ihren Schultern sei kein Kopf zu sehen, sie hätten die die Augen in den Schultern, „their mouths in the middle of their breasts“ und die (Kopf-)Haare wüchsen ihnen hinten zwischen den Schulterblättern.

Raleigh kannte die Erzählungen des englischen Ritters John Mandeville, der im 14. Jahrhundert – angeblich – eine weite Reise durch das Heilige Land, durch große Teile Nordafrikas bis hin nach Indien unternahm. (In der Geschichtswissenschaft ist es bis heute umstritten, ob er überhaupt bis an das Mittelmeer gekommen ist.) In seinem Reiseführer, bis in das 18. Jahrhundert hinein eine beliebte Lektüre, beschreibt er allerlei kuriose und monströse Gestalten, z.B.:

  • Einfüßer (Skiapoden, Monopoden): Menschen mit einem übergroßen Fuß, der ihnen Schatten spendete;
  • Einäugige, die mit einem Auge in der Mitte der Stirn;
  • Menschen mit Ohren, die ihnen bis an die Knie herunterhängen und eben
  • die Kopflosen („The Travels of Sir John Mandeville“).

Das Reisebuch Raleighs – eigentlich recht glaubhaft und geografisch sehr präzise geschrieben – erwähnt die Schilderungen Mandevilles und weiß um den Mangel an Glauben, der diesen Schilderungen geschenkt wird: Man hielt Mandevilles Erzählungen seit vielen Jahren für Fabeln.

Nun jedoch, in der Ferne, erzählen Einheimische Raleigh von dem Volke der kopflosen Ewaipanomas. Und obwohl er nie selbst einen Kopflosen sah, hält er das, was er zuvor für unwahrscheinlich hielt, für möglich.

Heute weiß man, dass viele Reisegeschichten des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit aus unterschiedlichen Gründen frei erfunden und mit Motiven aus antiken (Plinius der Ältere, Pomponius Mela, Gajus Julius Solinus) und mittelalterlich-christlichen Schriften (Augustinus, Isidor von Sevilla) angereichert wurden. „Kein Reisender hat immer und überall die Wahrheit gesagt“, merkt Wolfgang Griep in seinem Aufsatz „Lügen haben lange Beine“ an und stellt Folgendes fest: „Die imaginären Orte mit ihren phantastischen Bewohnern liegen immer dicht hinter der Grenze des Bekannten und Erforschten.“ (S. 133)

Zwar gab es immer auch schon Kritiker derartiger Geschichten, doch lagen für viele Gestalten wie die Kopflosen nicht außerhalb denkbarer Grenzen: Im Volksglaube, so zeigt der Artikel „kopflos“ in Bächtold-Stäublis „Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens“, waren kopflose Gestalten und Geister keine Seltenheit…

Sir Walter Raleigh jedenfalls hielt die Existenz kopfloser Menschen nicht für unwahrscheinlich. Kurios: 1618 wurde er wegen Hochverrats hingerichtet – enthauptet. Seine letzten Worte sollen gelautet haben: „Wenn das Herz am rechten Fleck ist, spielt es keine Rolle, wo der Kopf ist.“

 


Literatur

  • Bächthold-Stäubli, Hanns: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens. Berlin/Augsburg 2000 (Originalausgabe 1927ff.)
  • Bitterli, Urs: Alte Welt – neue Welt. Formen des europäisch-überseeischen Kulturkontaktes vom 15. bis zum 18. Jahrhundert. München 1992
  • Gewecke, Frauke: Wie die neue Welt in die alte kam. München 1992
  • Griep, Wolfgang: Lügen haben lange Beine. In: Bausinger, Hermann: Reisekultur – Von der Pilgerfahrt zum modernen Tourismus. München 1991, S. 131ff.

Links – Quellen im Internet:

Die Erdmännlein des Grafen von Zimmern

„Dieselbigen erdenmendle haben nit allain in selbiger gegne (=Gegend), sonder auch in andern landen deutscher nation gewonet und sich also bei den mentschen vilfältigclichen erzaigt und denen, wover man sich anders recht und gepürlich (=gebührlich) gegen inen gehalten, vil dienstbarkait und guetatten bewisen“, schrieb Mitte des 16. Jahrhunderts Graf Froben Christoph von Zimmern (1519-1566) in seiner Chronik der Grafen von Zimmern (Südwestdeutschland, zwischen Stuttgart und Freiburg im Breisgau). Sie reicht von 1288 bis 1566 (teilweise wird auch 1558 als Endjahr erwähnt).

Erdenmendle oder Erdmännlein – darunter verstanden die Menschen des 16. Jahrhunderts ungewöhnlich kleine Menschen: Zwerge. Auch die weibliche Form, das Erdweibchen, sowie die Begriffe „Wicht“ oder „Erdwicht“ finden sich in Sagen und Erzählungen. Diese Wesen waren für viele Zeitgenossen Realität, doch gab es durchaus auch Zweifel an ihrer Existenz.

Nachfolgend werden die Erdmännlein oder Zwerge vorgestellt, wie sie die Chronik der Grafen von Zimmern beschreiben, und in einen breiteren historischen Kontext gestellt.

Erdmännlein oder Zwerge – die Quellen der Chronik

Graf Froben Christoph von Zimmern betont, dass er selbst nie ein Erdmännlein gesehen hat (S. 131), aber sowohl alte „historias“ als auch neuere Berichte von glaubwürdigen und ehrlichen Leuten zeigten auf, dass es diese Wesen geben müsse: So existierten Berichte aus der Antike, wie z.B. von Belinus. Bei Belinus handelte es sich wohl um Apollonius von Tyana handelt, einem griechischen Philosophen, der um die erste Jahrhundertwende nach Christi lebte. (Um wen es sich im gleichen Atemzug genannten Behencater handelt, ist mir nicht bekannt.) Zudem führt Froben Christoph nicht näher bezeichnete „alte deutsche, französische und gallische historias“, sowohl christliche als auch heidnische Bücher (S. 131), an.

Weitere Belege sind Erzählungen aus der Zeit oder der unmittelbaren Vergangenheit des Schreibers, räumlich z.T. nicht allzu weit entfernt: aus Stuttgart, aus Rottenburg am Neckar, aus Herrenzimmern, lange Zeit der Hauptsitz des Adelsgeschlechts Zimmern.

Wesen und Aussehen der Zimmer’schen Erdmännlein

Während sie für uns lediglich „Märchengestalten“ sind, sahen viele Menschen der Frühen Neuzeit die Erdmännlein als Realität an. Froben Christoph von Zimmern nennt verschiedene Meinungen über ihr Wesen: Sie seien

  • „Menschen, die vor Jahren verflucht wurden und auf Erlösung durch die Menschen hoffen“,
  • „in Tiere verzauberte Menschen“, die ihre Gestalt nach einer Zeit wieder erlangt hätten (nach alten Historien),
  • „Geister von Engeln (…), die vor dem Fall Adams verstoßen worden seien“ (nach der Heiligen Schrift sowie christliche und heidnische Bücher),
  • sündige Engel, die nicht derart schwerwiegende Vergehen begangen hätten wie die Engel, für die es keine Hoffnung mehr gebe und die in die Hölle müssten (Kabbalisten und die Philosophen Belinus und Behenceter).

Erdmännlein wurden also zumeist als Wesen zwischen Gut und Böse beschrieben: Wesen, die etwas Böses verübt haben und durch gute Taten sich aus ihrer Verdammnis zu befreien suchten. Dementsprechend traten sie auch auf: Sie verübten, so von Zimmern, viele gute Dienste, halfen in Backstuben und als Knechte, stellten wundersam brauchbare Dinge her. Sie zeigen sich denen erkenntlich, die sich ihnen gegenüber „richtig und gebührlich“ benehmen.

Im „Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens“ werden hingegen auch eine Reihe schlechter Eigenschaften dieser Wesen erwähnt: Sie seien als Kinderschreck unterwegs (Schweiz), ihr Erscheinen bringe Unglück (Oldenburg), sie stehlen und melken heimlich Kühe (Oberpfalz), stiften Unfrieden usw. „Diese Leute waren sehr klein und hübsch und standen mit den Haslern in freundschaftlichem Verkehr. Manchmal aber nahmen sie auch den Bauern auf dem Feld Brot und Kuchen weg und legten dafür Steine aus ihrer Höhle hinzu, welche ganz das Ansehen von Gebäck hatten“, heißt es in einer schwäbischen Sage (Quelle: Sagen aus Schwaben – Erdleute von Hasel, im Projekt Gutenberg). Dieses Bild zeigt sich auch schon in mittelalterlichen Schriften: Dem Zwerg als treuen Diener steht der hinterlistige, tückische Zwerg zur Seite.

Über das Aussehen verraten von Zimmers Beispiele nichts. Andere Quellen sprechen von Wesen, die so groß sind wie vier- bis achtjährige Kinder, die in Erdlöchern oder -höhlen wohnen. Oft haben sie einen langen weißen Bart und/oder langes wallendes Haar und sind mit körperlichen Eigentümlichkeiten ausgestattet, z.B. Gänse- oder Entenfüßen.

Graf Froben Christoph von Zimmern selbst hat noch kein Erdmännlein zu Gesicht bekommen – und bemerkt zudem, dass diese Wesen zu seiner Zeit komplett verschwunden seien: „Das macht, weil alle Gottesfurcht dahin ist, dafür aber die große Ueppigkeit in der Welt überhandgenommen hat, zudem sind alle Hauptlaster und Untreue samt der übergroßen Gotteslästerung so gar in Schwang, daß wenig Besserung bei und zu erhoffen.“ Was meinte der Autor damit? Vielleicht dass diese Wesen, die laut eigener Aussage zwischen Gut und Böse standen und auf Erlösung hofften, gemerkt haben, dass die (nun sehr) sündigen Menschen ihnen jegliche Hoffnung genommen hätten?

Zwei bereits im Mittelalter „übliche“ Sachverhalte spiegeln sich hier wider: 1. Wenn von Zwergen die Rede war, waren dies meist Geschichten aus der Vergangenheit. Es war von Orten die Rede, die vor mehr oder weniger langer Zeit von Zwergen bewohnt waren – „worauf häufig eine Mitteilung über ihre Abwanderung folgt“ (Tarantul: Elfen, Zwerge und Riesen, Frankfurt a.M. 2001, S. 160). Die Abwanderung wiederum (und damit 2.) geschah meist aufgrund eines Konflikts mit den Menschen.

zum 3. Teil der kleinen Geschichte sehr kleiner Menschen I alle Teile der Geschichte

 


Literatur und Quellen (Auswahl):

  • Wappen, Becher, Liebesspiel. Die Chronik der Grafen von Zimmern 1288-1566. Auswahl und Einführung von Johannes Bühler. Frankfurt a.M. 1940.
  • Bächthold-Stäubli, Hanns: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens. Berlin/Augsburg 2000 (Originalausgabe 1927ff.).
  • Tarantul, Evgen: Elfen, Zwerge und Riesen. Untersuchung zur Vorstellungswelt germanischer Völker im Mittelalter. Frankfurt a.M. 2001.

Links