Mensch und Tier: Der Hund als bester Freund

„Dass mir der Hund das Liebste sei,
sagst Du, o Mensch, sei Sünde.
Ein Hund bleibt Dir im Sturme treu,
ein Mensch nicht mal im Winde.“

Franz von Assisi drückte vor vielen hundert Jahren das aus, was viele Hundebesitzer noch heute denken: Der Hund ist treuer als so mancher Mensch. Auf ihn ist immer Verlass. Er gehört wie selbstverständlich an die Seite des Menschen, hält zu seinem Besitzer, beschützt ihn und steht ihm mutig auch in gefahrvollen Situationen bei.

Kurz: Er ist ein Freund, ein guter Freund, manche sagen gar „der beste Freund des Menschen“. Dieses freundschaftliche Verhältnis zeigt sich auch in einigen Kunstwerken.

„Ein Knabe floht seinen Hund“ heißt das folgende Bild von Gerard Terborch (der Jüngere, 1617-1681), das er um 1655 malte.

Gerard Terborch (der Jüngere): Ein Knabe floht seinen Hund" (um 1655); Bild: 5.555 Meisterwerke. © 2000 DIRECTMEDIA Publishing GmbH

Gerard Terborch (der Jüngere): Ein Knabe floht seinen Hund“ (um 1655); Bild: 5.555 Meisterwerke. © 2000 DIRECTMEDIA Publishing GmbH

Beschreibung des Bildes

Das Bild zeigt einen Jungen, der seinen Hund nach Flöhen absucht und diese dann wohl zerdrückt. Der Hund liegt ruhig auf dem Schoß des Jungen. Er hat scheinbar nichts dagegen, dass der Junge ihm in seinem Fell „herumwühlt“.

Die ganze Szene wirkt sehr friedlich und ruhig. Kurz: Hier sind zwei vertraute Freunde zu sehen.

Auf dem Tisch links neben dem Jungen liegt ein Heft oder eine Schreibkladde. Eine Schreibfeder steckt in einem Tintenfass und auch ein Etui ist zu sehen. Vielleicht hat der Junge gerade seine Hausaufgaben für die Schule gemacht.

Der Hut im Vordergrund mag aufzeigen, dass der Junge von draußen kommt oder nach der Pflege des Hundes noch nach draußen geht.

Die Einrichtung des Zimmers sieht aus heutiger Sicht etwas ärmlich oder karg aus. Trotzdem scheint der Junge nicht unglücklich zu sein: Er sieht zufrieden aus.

Einfach „nur“ eine realistische Darstellung des Lebens?

Diese Beschreibung des Bildes wirkt so, als habe der Maler Gerard Terborch hier „einfach“ eine realistische Szene wiedergegeben wollen. Aber das ist nur eine Interpretation solcher Gemälde. Terborch lebte und wirkte im sogenannten „Goldenen Zeitalter“, das das niederländische 17. Jahrhundert umschreibt: eine Hoch- oder Blütezeit in kultureller und wirtschaftlicher Hinsicht. Der Maler gilt als ein Hauptvertreter des holländischen Genrebildes des 17. Jahrhunderts.

Lange wurden diese Bilder als eine Art Sittengemälde der holländischen Gesellschaft aufgefasst, als Abbildungen der Realität. Seit einigen Jahrzehnten werden sie verstärkt ikonologisch gedeutet, mehrdeutig, symbolisch – teilweise sogar als eine Art „Scheinrealismus, hinter dem sich die eigentliche, symbolische und meist moralisierende Bedeutung verstecke“. (Hammer-Tugendhat, 2009, S. 232. Siehe dazu auch Michalski, 2015, S. 104 f. Vollständige Literaturangaben siehe unten.)

Allerdings ist es nicht immer einfach, die Bedeutung einzelner Sinnbilder oder Symbole zu erkennen. So ist es bezüglich des oben gezeigten Gemäldes von Terborch zum Beispiel wichtig zu wissen, dass der Ausdruck „einen Hund flohen“ im Holländischen für den Müßiggang steht, also für eine zeitgenössisch wenig erstrebenswerte Eigenschaft zu leben. Der Junge lässt sich ablenken von seinen eigentlichen Aufgaben. Und so kann seine ruhige, gedankenverlorene Art, den Hund zu pflegen und dabei seine Arbeiten hintenan zu stellen, auch als moralische Kritik seiner Zeit verstanden werden.

Aber vielleicht erinnert der Hund mit seinem zum Teil weißen Fell auch daran, dass das Kind durch eine gute Erziehung seinen Weg noch finden muss. In Verbindung mit Kindern stand der Hund in der Kunst der Frühen Neuzeit nämlich für die „Erziehung zur Tugendhaftigkeit“ (Kretschmer, 2008, S. 196).

Weitere Quellen

Im übrigen weisen auch einige schriftliche Werke der Frühen Neuzeit auf die enge, freundschaftliche Verbindung zwischen Mensch und Tier hin. In Zedlers Lexikon (Band 13, 1739, Sp. 1178) beispielsweise beginnt der Artikel „Hund“ mit einem Loblied: Ihre besondere Treue, Wachsamkeit, Gehorsamkeit und Liebe hebe sie von anderen Tieren ab. Eine „Ausführliche Geschichte der Hunde“ aus dem Jahre 1781 hat der Psychologie des Hundes ein eigenes Kapitel (S. 22 ff.) gewidmet. U.a. wird die große Anhänglichkeit der Hunde erwähnt, ja sogar ein gewisses „Vorhersehungsvermögen“: Ist der Herr auf einer Reise, merke so mancher Hund bereits vier Tage vor dessen Rückkehr, dass das Herrchen bald wieder da ist.

Der Hund als treuer Gefährt des Menschen – dieses Bild gab es in der Frühen Neuzeit ebenso wie heute!


Literatur zu diesem Artikel

Cover des Buches: Hammer-Tugendhat: Das Sichtbare und das Unsichtbare.

Hammer-Tugendhat, Daniela: Das Sichtbare und das Unsichtbare. Zur holländischen Malerei des 17. Jahrhunderts, Böhlau Verlag, Köln, Weimar, Wien 2009.

Cover des Buches: Hammer-Tugendhat: Das Sichtbare und das Unsichtbare

Michalski, Sergiusz: Einführung in die Kunstgeschichte. Darmstadt 2015.
Laut kulturbuchtipps.de eine “ schöne und leicht verständliche Einführung in die Kunstgeschichte“.

Cover: Kretschmer: Lexikon der Symbole.

Kretschmer, Hildegard: Lexikon der Symbole und Attribute in der Kunst. Reclam 2008.
Ein gutes Nachschlagewerk für die Kunst vom frühen Christentum bis zum 19. Jahrhundert. Eine Rezension zum Buch findet sich bei sehepunkte.de.

Quellen zu diesem Artikel

Zedler, Johann Heinrich: Grosses vollständiges UNIVERSAL LEXIKON Aller Wissenschafften und Künste, welche bißhero durch menschlichen Verstand und Witz erfunden und verbessert worden… Band 13. Halle und Leipzig 1739. (Zedler-Lexikon online)

[Anonym] Ausführliche Geschichte der Hunde: von ihrer Natur verschiedenen Arten Erziehung Abrichtung Krankheiten und mannigfaltigen pharmazevtischen Gebrauch. Leipzig 1781. (Google Books)

 

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