Kleine Geschichten aus der Frühen Neuzeit:
Der Jungbrunnen

Lucas Cranach der Ältere: Der Jungbrunnen (1546); The Yorck Project: 10.000 Meisterwerke der Malerei. DVD-ROM, 2002. ISBN 3936122202. Distributed by DIRECTMEDIA Publishing GmbH / Wikimedia Commons

Lucas Cranach der Ältere: Der Jungbrunnen (1546); The Yorck Project: 10.000 Meisterwerke der Malerei. DVD-ROM, 2002. ISBN 3936122202. Distributed by DIRECTMEDIA Publishing GmbH / Wikimedia Commons

„(…) und zu dieser Zeit war jene Fabel im Umlauf von der Quelle, die die Alten wieder verjüngen oder zu Jünglingen machen würde; das war im Jahre 1512. Jene Geschichte wurde so [eindringlich] verbreitet, und durch die Indios jener Gegend bestätigt, dass der Hauptmann Joan Ponce, seine Leute und seine Karavellen mehr als sechs Monate lang unter großen Antsrengungen zwischen jenen Inseln umherirrten, um diese Quelle zu suchen“, schrieb im Jahre 1535 Gonzalo Fernández de Oviedo in seiner Historia General y Natural de las Indias. (Zitiert nach: Schmitt: Die großen Entdeckungen, S. 316)

Juan Ponce de León war ein spanischer Adeliger. Im Zuge der Erkundung und Eroberung der Region um den Golf von Mexiko brachte er 1506 die Insel Puerto Rico unter seine Herrschaft. Bis 1512 regierte er die Insel als Gouverneur – mit zum Teil brutalen Mitteln, die ihn großen Reichtum bescherten.

Mit diesem Geld suchte er weitere Inseln, aber eben auch den sogenannten „Jungbrunnen“ zu entdecken. Dieser sollte sich Gerüchten zufolge in einem Land oder auf einer Insel namens Bimini befinden. Sein Wasser habe die Kraft der Verjüngung inne. Angeblich vernahmen die spanischen Eroberer diese Erzählung von den Aruaks, einer Völkerfamilie Südamerikas.

Juan Ponce de León fand nichts …

Dem Altern zu entgehen ist ein alter Menschheitstraum. Tiere wurden beobachtet, die sich scheinbar verjüngen: z.B. die Schlange, die sich häutet und anschließend eine jugendhafte Haut zum Vorschein bringt. Oder der sagenumwobene Phönix: Er erscheine alle 500 Jahre, verbrenne sich selbst und steige aus der Asche neu auf. Über Herodot (490 – 425 v.Chr.) und Plinius (23/24 – 79 n.Chr.) fand die Sage weitere Verbreitung unter den Gelehrten des Mittelalters und der Frühen Neuzeit.

Wie die Verjüngung möglich sei und vonstatten gehe, darüber gab es freilich verschiedene Theorien – und ebensoviele Zweifel. So schreibt der oben zitierte Oviedo seinen Bericht über den Jungbrunnen weiter: „Es war schon ein großer Streich gewesen, den sich die Indios erlaubten, als sie die Geschichte erzählten, aber noch größer war die Narrheit der Christen, daran zu glauben und Zeit darauf zu verschwenden, diese Quelle zu suchen.“ (Zitiert nach: Schmitt: Die großen Entdeckungen, S. 316)

Doch die Verjüngungsgeschichten hielten sich: Noch Johann Heinrich Zedlers Universal-Lexicon, das zwischen 1732 und 1754 entstanden ist, will nicht alle Geschichten als unwahr hinstellen.

 


Literatur:

  • Bitterli, Urs: Alte Welt – neue Welt. Formen des europäisch-überseeischen Kulturkontakts vom 15. bis zum 18. Jahrhundert. München 1992. (Über die Spanier auf Hispaniola: S. 77 ff.)
  • Borscheid, Peter: Geschichte des Alters. Vom Spätmittelalter zum 18. Jahrhundert. München 1989.
  • Schmitt, Eberhard (Hg.): Die großen Entdeckungen. Bd. 2 der „Dokumente zur Geschichte der europäischen Expansion. Sonderausgabe, Hannover 1983.
  • Zedler, Johann Heinrich: Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste, Welche Bißhero durch menschlichen Verstand und Witz erfunden und verbessert worden […]. Leipzig/Halle 1732 ff. (ND 1962), Stichwort „Verjüngung des Menschen“, Bd. 47, Sp. 943 ff.

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