Interview zu dem Fund von zwei unbekannten Orgelwerken
Manchmal gleicht Musikwissenschaft einer Spurensuche im Dunkeln. Nach drei Jahrzehnten detektivischer Arbeit gelang dem Leipziger Bach-Forscher Peter Wollny nun der Nachweis, dass zwei bislang anonyme Orgelstücke tatsächlich aus der Feder Johann Sebastian Bachs stammen. Entdeckt hatte Wollny die Noten bereits vor 30 Jahren in der Königlichen Bibliothek von Brüssel. Doch erst jetzt ließ sich belegen, dass sie vom jungen Bach stammen – ein Erfolg, der Fachwelt und Musikliebhaber gleichermaßen bewegt.
Wie Wollny im Gespräch mit Dr. Philipp Ebert erläutert, begann die Gewissheit mit einer Handschrift: Ein thüringischer Organist namens Salomon Günther John, offenbar der erste Schüler Bachs, hatte die Stücke um 1710 abgeschrieben – vermutlich während seiner Lehrzeit beim gerade erst zwanzigjährigen Komponisten in Arnstadt. Der entscheidende Beweis gelang, als Wollny ein Schreiben Johns aus denselben Jahren fand und dessen Schriftzeichen eindeutig mit den Noten übereinstimmten.
Die beiden Orgelwerke öffnen ein neues Kapitel in der Frühzeit Bachs und zeigen bereits jenen genialen Eigensinn, der seine späteren Meisterwerke prägen sollte. Ein musikalischer Kriminalfall, der nach drei Jahrhunderten gelöst ist – mit feinem Gespür und wissenschaftlicher Akribie.
zur Originalmeldung von Dr. Philipp Ebert auf den Seiten der Neuen Osnabrücker Zeitung