Mittelalter neu gelesen: Drei neue Bände in „Herders Bibliothek“
An der Goethe-Universität Frankfurt wächst seit zwei Jahrzehnten ein außergewöhnliches Editionsprojekt: „Herders Bibliothek der Philosophie des Mittelalters“. Nun wurden unter der Herausgeberschaft von Alexander Fidora, Matthias Lutz-Bachmann, Isabelle Mandrella und Andreas Niederberger die Bände 64 bis 66 vorgestellt – mit deutschen Erstübersetzungen zentraler Texte von Siger von Brabant, Johannes Duns Scotus und Isaak ben Salomon Israeli.
Bei einem Werkstattgespräch, moderiert von Prof. Isabelle Mandrella (LMU München), diskutierten die Philosophen Theo Kobusch, Hannes Möhle und Andreas Speer nicht nur über Inhalte und Methoden, sondern auch über die Frage, was wir heute überhaupt unter „Mittelalter“ verstehen. In der philosophischen Forschung, so Speer, öffne sich der Blick zunehmend über das lateinische Abendland hinaus – hin zu einer intellektuell verflochtenen Mittelmeerwelt, die jüdische und arabische Denker selbstverständlich mit einbezieht.
Während Hannes Möhle betonte, der Erkenntnisfortschritt liege weniger in neuen Themen als in der methodischen Schärfung, erinnerte Theo Kobusch daran, dass Philosophie und Theologie im 13. Jahrhundert noch kaum getrennt waren. Und schließlich rückte Mandrella mit ihren Gästen die Rolle von Frauen in der mittelalterlichen Philosophie in den Fokus – ein Thema, das noch immer Fragen an den Kanon selbst stellt.
Die neuen Bände setzen ein engagiertes Editionsprojekt fort, das die Vielfalt der vormodernen Geisteswelt sichtbar macht und zugleich zum Nachdenken über deren heutige Relevanz anregt.
weitere Informationen dazu auf der Website der Goethe-Universität Frankfurt