Zwischen Sensation und Skepsis: Streit um neue Bach-Funde

Als das Leipziger Bach-Archiv im November zwei bislang unbekannte Orgelwerke Johann Sebastian Bachs vorstellte, sprach man feierlich von einer „Weltsensation“. Inzwischen jedoch melden sich kritische Stimmen. Der Musikwissenschaftler und Journalist Bernhard Schrammek äußerte bei MDR KULTUR Zweifel an der Zuschreibung: Sowohl die stilistische Prägung als auch die Quellenlage gäben Anlass zur Vorsicht. Zwar habe Archivdirektor Peter Wollny die Herkunft der Handschrift überzeugend rekonstruiert, doch die Anforderungen des Bach-Werke-Verzeichnisses (BWV) seien seiner Ansicht nach nicht erfüllt.

Schrammek zufolge konnten manche Organisten die Stücke bereits vor der Veröffentlichung – allerdings ohne Verbindung zu Bach. Gerade diese Kenner der Orgeltradition hätten stärker in die Bewertung einbezogen werden müssen. Viele von ihnen halten die beiden Chaconnen eher für das Werk eines Bach-Schülers oder -Verwandten. Auch die schnelle Aufnahme ins BWV und der begleitende Enthusiasmus wecken den Verdacht, eine Entdeckung zu früh gefeiert zu haben.

Was in der Leipziger Thomaskirche als Höhepunkt jahrzehntelanger Forschung gefeiert wurde, hat sich so innerhalb weniger Wochen zu einer Fachdebatte entwickelt – über Kriterien, Zuschreibungen und die Versuchung, aus Funden Ereignisse zu machen.

zur Meldung des MDR