Rezension von Sven Beckerts „Kapitalismus: Geschichte einer Weltrevolution“
Von Nelson Lichtenstein, Forschungsprofessor an der University of California, Santa Barbara, stammt eine ausführliche Rezension von Sven Beckerts neuem Buch „Kapitalismus: Geschichte einer Weltrevolution“. Der Harvard-Historiker Beckert wage in diesem über tausend Seiten starken Werk nichts Geringeres als eine globale Neubestimmung der kapitalistischen Geschichte – und das mit erzählerischer Wucht und scharfer Systemanalyse.
Beckert verfolgt den Kapitalismus über Kontinente und Jahrhunderte hinweg: von den frühmittelalterlichen Handelsnetzen in Aden und Samarkand über die gewaltsam florierenden Plantagen in der Karibik bis hin zu den Fabriken des 19. Jahrhunderts und den Global Players des 21. Jahrhunderts. Immer wieder zeigt er, dass Ausbeutung, Zwangsarbeit und imperiale Expansion keine Nebenschauplätze, sondern Motoren kapitalistischer Dynamik waren.
Besonders faszinierend erscheint dem Rezensenten Beckerts Perspektivwechsel: Er sieht die ersten Kaufleute als „Kapitalisten ohne Kapitalismus“ und rückt Asien, Afrika und den Nahen Osten ins Zentrum einer Geschichte, die allzu oft eurozentrisch erzählt wurde. Auch sein Blick auf die Gegenwart ist scharf – vom Aufstieg Chinas bis zum Neoliberalismus als neuem Staatsregime.
So wird der Kapitalismus bei Beckert nicht nur als ökonomisches System, sondern als weltgeschichtliches Projekt sichtbar: flexibel, brutal, anpassungsfähig – und, vielleicht, vergänglich.
zur Meldung von Nelson Lichtenstein auf der Website des US-amerikanischen Magazins Jacobin