Nürnberg: Pestgrab aus dem 17. Jahrhundert
Jörg Hertle berichtet für BR24 von einem Fund, der Geschichte, Wissenschaft und ethische Fragen zusammenbringt: Im Kühlraum eines ehemaligen Supermarkts in Bamberg lagern die Gebeine von rund 3.000 Menschen — Überreste eines 17.‑Jahrhundert‑Pestgrabes, das letztes Jahr bei Bauarbeiten in Nürnberg entdeckt wurde. Damals, im Februar 2024, waren bereits 700 Tote ausgegraben und man rechnete mit insgesamt 1.000 bis 1.500 Bestattungen.
Die Särge fehlen, die Toten wurden in Alltagskleidung bestattet; Knöpfe, Haken, Spielwürfel und medizinische Geräte erzählen vom Alltag und Sterben einer Stadt im Ausnahmezustand. Für die Archäologen ist der Fund eine wissenschaftliche Sensation: Er liefert einen einmaligen zeitlichen Querschnitt der Bevölkerung Nürnbergs zur Pestzeit, mit Informationen zu Alter, Geschlecht, Krankheiten und Lebensumständen.
Julian Decker von der Grabungsfirma in terra veritas und die Nürnberger Stadtarchäologin Melanie Langbein betonen den unerwarteten Umfang der Gräber und den Erkenntnisgewinn. Ein internationales Anthropologenteam hat mit ersten Reinigungs‑ und Bestimmungsarbeiten begonnen — doch die umfassende Auswertung aller Skelettreste hängt an der Finanzierung für rund 3.000 Untersuchungen.