Ulm im Dreißigjährigen Krieg
Die Neujahrsrede Konrad Dieterichs
Die Rede unseres Münsterpredigers Konrad Dieterichs hat für Aufsehen gesorgt: Er erinnerte noch einmal an die Hauptursache der Pest (Gott), an die Leiden der vergangenen Monate, an die Verstorbenen und an die Notwendigkeit zur Dankbarkeit dem Schöpfer gegenüber.
Die Rede begann mit einer Beschreibung der Freude Dieterichs darüber, dass augenscheinlich etliche noch der Pest entronnen seien, der Krankheit, „die da weit ärger als einige Blutige Feldschlacht sein mag“. Im Rückblick auf 1635 wünschte er allen Zuhörern ein „Glückliches / Seeliges / fröliches/Gnaden- und Segenreiches / frisches / gesundes / friedliches / schiedliches/ ersprießliches / gedeyliches Newes Jar“.
Anhand der Bibelverse aus Psalm 107,17-22 erläuterte er die Rolle Gottes bei der Entstehung und Beendigung der Pest. Gott schicke die Pest den Narren um ihrer Sünden willen, er mache sie aber auch wieder gesund. Daher schulde ihm jeder Mensch Dank.
Anschließend ging Dieterich auf die Todeszahlen ein. 1634 seine 15000 Menschen gestorben: davon über 5000 vor und in der Stadt sich befindliche Bettler und Arme; über 4000 „Frembde und Land-Volck (…) / die sich bey uns / wegen Kriegs unsicherheit / auffhalten müssen“; über 5000 von den „hiesigen Burgern / Manns- und Weibspersohnen / Alten unnd Jungen / Ehehalten und Hauß Gesind“.
Nach einem Vergleich der Todeszahlen mit den Verlusten anderer Städte lieferte der Prediger noch weitere Zahlen: So starben insgesamt 40 Totengräber und etliche Krankenwärter, ca. 200 schwangere Frauen mitsamt ihrer Leibesfrucht. Viele Ehen wurden durch den Tod des Partners auseinander gerissen, etliche aber auch neu geschlossen: 335 im Jahre 1635.
Schließlich gab es in der Rede auch noch Ermahnungen, ja sogar offene Kritik an der Lebensweise einiger Menschen innerhalb unserer Mauern. Unsere Dankbarkeit Gott gegenüber solle nicht gewohnheitsmäßig oder heuchlerisch ausfallen, sondern „herzlich und fleissig“ – und dauerhaft, denn Dieterich weiß um die Schwächen vieler Menschen: „Heut höret man Danck / Morgen folget Undanck. (…) Sihe an den gemeinen Hauffen / da wirstu finden / wie er vor der Pest / unnd mitten in der Pest gelebet / so lebet er jetzo noch / nach der Pest. Voller Verachtung erwähnte Dieterich auch die „Abtrager“, die die Habseligkeiten der Erkrankten oder Toten schamlos für sich mitnahmen.
Mit einem Appell an Gottes Güte, das Bitten und die Opfer anzuerkennen, endete die Rede unseres Predigers Konrad Dieterich am vergangenen Neujahrstag.