Geschichte des Bauernkriegs 1525
Zwischen Hoffnung und Gewalt: Wie und warum deutsche Bauern gegen Feudalherrschaft, alte Kirche und soziale Ungleichheit rebellierten – und damit scheiterten
Der Bauernkrieg war eine der größten Erhebungen der Frühen Neuzeit. Getrieben von sozialer Not, dem Wunsch nach mehr Gerechtigkeit, einem besseren Leben in Freiheit sowie einem religiösen Wandel forderten vornehmlich Bauern, aber auch Handwerker und weitere einfache Bürger tiefgreifende Veränderungen. Was als Protest gegen drückende Abgaben und feudale Willkür begann, entwickelte sich rasch zu einem (teilweise auch gewalttätigen) Aufstand in großen Teilen des Heiligen Römischen Reichs. Letztlich wurden die Aufständischen brutal niedergeschlagen.

Burg Altenstein (Unterfranken), die im Bauernkrieg beschädigt wurde. Bild: Michael Schnell
Wir befinden uns im Zeitraum um 1500, aus heutiger Sicht mitten im Übergang vom Mittelalter zur Frühen Neuzeit. Mit der Eroberung Konstantinopels (heute Istanbul) im Jahre 1453 avancierte das Osmanische Reich zu einer Großmacht, die sich auch Richtung Europa auszudehnen vermochte. Zur selben Zeit entwickelte der in Mainz geborene Johannes Gutenberg (1400-1468) den Buchdruck mit beweglichen Lettern. Gerade mit Blick auf die Reformation und den Bauernkrieg sollte diese Erfindung eine mächtige Rolle spielen, da nun massenhaft Flugblätter produziert werden konnten. 1492 eroberte Christoph Kolumbus (um 1451-1506) Amerika – und wenngleich er sich ganz woanders wähnte, war dies für den europäischen Raum das Momentum, seine Fühler in Richtung anderer Kontinente auszustrecken. Zusammen mit der Reformation ab 1517 sind damit die wichtigsten Merkmale genannt, die das Ende des Mittelalters und den Beginn der Frühen Neuzeit markieren sollten – wenngleich immer wieder Diskussionen um die zeitlichen Grenzen aufkommen, zuletzt v.a. durch Prof. Dr. Bernhard Jussen (Goethe-Universität Frankfurt am Main, siehe seinen Artikel in SPIEGEL Geschichte 3/2025 oder als Spiegel-Plus-Artikel).
Die Menschen im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation lebten in einer Ständegesellschaft, die aus Geistlichen, Adeligen, den Bürgern in der Stadt und den Bauern auf dem Land bestand. Sie waren nicht gleich vor dem Gesetz und hatten dies auch lange Zeit so akzeptiert. Jeder und alles hatte seinen angestammten Platz – wie in der Schöpfung Gottes so auch in der Gesellschaft. Die einzelnen Stände waren jedoch nicht starr, sondern unterteilten sich wiederum in verschiedene Gruppen: Beispielsweise gab es Unterschiede zwischen dem höheren und dem niederen Adel, zwischen dem Vollbauern mit relativer Unabhängigkeit und dem deutlich untergeordneten Bauern sowie zwischen Gesellen und Knechten. Zudem waren alle Abhängigkeitsverhältnisse regional sehr unterschiedlich.
Und doch gab es um 1500 Unzufriedenheit mit dieser festgelegten Ordnung, wenngleich eine grundsätzliche Ablehnung des „Systems” zunächst oft nicht im Vordergrund stand. Im Vorfeld des Bauernkrieges klagten viele Bauern beispielsweise über die Höhe der Abgaben an die Grundherren oder darüber, dass sie den Wald in einem bestimmten Gebiet nicht länger für die Tiere oder für den Holzeinschlag nutzen durften.
Erhebungen der Bauern vor dem Bauernkrieg
„Der Bauernkrieg entstand keineswegs aus dem Nichts“, erklärt Lyndal Roper in ihrem aktuellen Buch über den Bauernkrieg (Roper: Für die Freiheit, 2024, S. 23). Aber was entsteht schon ohne Vorgeschichte? Gemeint sind einzelne Aufstände wie der von 1476 in Niklashausen, einer kleinen Siedlung südwestlich von Würzburg. Der Schafhirte Hans Behem hatte nach einer Marienerscheinung ein Ende der Abgaben und Dienste für die Oberen (Geistliche und Adelige) gefordert und zahlreiche Anhänger gefunden – es ist von ca. 16.000 Personen die Rede (ebd., S. 24). Der Aufstand wurde niedergeschlagen, es gab etliche Tote und viele Gefangene.
Um 1500 kam es zu einer Häufung von Auflehnungen im heutigen Südwestdeutschland: 1491/92 bei Kempten im Allgäu, 1493 bei Schlettstadt im Elsass, 1496 in Ochsenhausen (zwischen Ulm und Memmingen), 1502 im Herrschaftsgebiet von Speyer.

Aufständische Bauern mit Bundschuhfahne umzingeln einen Ritter. Holzschnitt des sog. Petrarca-Meisters aus dem Trostspiegel, 1539. (Wikimedia commons, public domain; User Rosenzweig)
Bei dem letztgenannten Aufstand trat ein Anführer in Erscheinung, der bei ähnlichen Vorkommnissen in Erscheinung treten sollte: Joß Fritz, ein Bauer aus Untergrombach. Es war der Beginn der Bundschuh-Bewegung. Der Bundschuh war ein Riemen-Lederschuh, der von den Bauern des Mittelalters und der Frühen Neuzeit getragen wurde. An der Wende des 15. zum 16. Jahrhundert wurde der Schuh zunehmend zum Sinnbild aufständischer Bauern. Der Bundschuh bezeichnete „eine Gruppe von geplanten Aufständen am Oberrhein, die allerdings nicht zum Ausbruch gekommen sind“ – und die Bewegung um Joß Fritz in Untergrombach war wohl die „radikalste und folgenreichste“ (Zitate nach Blickle/Adam: Bundschuh, 2004, S. 7).
Bei diesen Ereignissen ging es nicht nur um soziale Angelegenheiten, auch die religiöse Komponente ist nicht zu unterschätzen – nach Schwerhoff erreichte die Volksfrömmigkeit um 1500 ihren Höhepunkt (Der Bauernkrieg, 2024, S. 29). Gleichzeitig nahm das Misstrauen gegenüber der großen Kirche und dem hohen Klerus zu, insbesondere was ihre Reichtümer, ihre Besitztümer und Ländereien sowie um die an sie zu erbringenden Abgaben betraf. „Frömmigkeit und tief verwurzelter Antiklerikalismus gingen Hand in Hand“, schreibt Lyndal Roper dazu (Für die Freiheit, 2024, S. 27).
Die zunehmenden Aufstände werden oft als Vorboten des Bauernkrieges bezeichnet, allerdings sollten sie „nicht als Krisensymptom verstanden werden, das notwendigerweise auf die Geschehnisse von 1525 hinführte“ (Schwerhoff: Der Bauernkrieg, 2024, S. 32).
Tatsächlich müssen noch weitere Faktoren berücksichtigt werden, die dem Bauernkrieg vorausgingen. So haben, wenn auch nicht alle Bauern, so doch deren „Wortführer“, aus den Anfängen der Reformation ihre Lehren gezogen und Hoffnungen geweckt. Ein unerschrockener Augustinermönch namens Martin Luther hat sich mit seinen Schriften – den 95 Thesen von 1517 sowie den Schriften „Von der babylonischen Gefangenschaft der Kirche“, „An den christlichen Adel deutscher Nation“ und „Von der Freiheit eines Christenmenschen“ von 1520 – getraut, sich gegen die katholischen Lehren, den Klerus und die weltliche Obrigkeit aufzulehnen. Er sprach von Freiheit, von der Nutzlosigkeit des Mönchtums, von Rechten, die auch den Laien zustehen sollten. Das machte Mut – erzeugte jedoch später große Enttäuschung, als sich Luther gegen „die mörderischen und räuberischen Rotten der Bauern“ (Schrift aus dem April 1525, online lesbar im „bavarikon“, einem Onlineportal des Freistaats Bayern) stellte.
Inhalt
- Beginn des Bauernkrieges: Orte und Personen
- Memminger Bundesordnung und 12 Artikel: Was wollten die Bauern eigentlich? Was waren ihre Ziele? Und warum gerade jetzt?
- Bauernhaufen ziehen durch das Land: Weiterer Verlauf des Bauernkrieges und Niederschlagung der Aufständischen
- Nachklang – Ein kleines Fazit zum Bauernkrieg, und: Was wurde aus den Zielen der Bauern?
Verwendete Literatur
Schwerhoff, Gerd: Der Bauernkrieg. Geschichte einer wilden Handlung. Verlag C.H.Beck, München 2024. 724 S., 34,- EUR. (als Kindle-Version: 26,99 EUR)
Roper, Lyndal: Für die Freiheit. Der Bauernkrieg 1525. Aus dem Englischen von Holger Fock und Sabine Müller. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2024, 672 S., 36,- EUR (als Kindle-Version: 24,99 EUR)
Kaufmann, Thomas: Der Bauernkrieg. Ein Medienereignis. Herder, Freiburg/Basel/Wien 2024, 544 S., 35,- EUR (als Kindle-Version: 27,99 EUR)
außerdem:
Blickle, Peter und Thomas Adam (Hg.): Bundschuh. Untergrombach 1502, das unruhige Reich und die Revolutionierbarkeit Europas. Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2004, 296 S.
Peter Blickle: Der Bauernkrieg. Die Revolution des Gemeinen Mannes. 4., aktualisierte und überarbeitete Auflage. C. H. Beck, München 2012 144 S.