Sterben, Tod und Jenseits – die Ansichten in Spätmittelalter und Früher Neuzeit
Vanitas – Alles ist vergänglich
Vanitas (lt.) heißt eigentlich Eitelkeit und meint in der Kunst die Darstellung der irdischen Vergänglichkeit.Totenschädel, Uhren, erlöschte Kerzen, blühende oder welkende Blumen finden sich auf diesen Bildern.
Ein großes Vanitas-Motiv ist auch die Gegenüberstellung von „junger Frau und Tod“, blühendes Leben und Verfall, „Eitelkeit der vergänglichen Jugend und Schönheit“ und Ende (Schuster, Der Tod, S. 20).
Doch hier tanzt, wie gesagt, keiner mehr. Vielmehr wird die junge Frau mehr oder weniger brutal von einem halbverwesten Toten überrascht, der sie küsst, ihr unter den Rock greift (siehe vorige Seite) oder sie an den Haaren in das Grab werfen will.
Die Gegenüberstellung von Tod und jungem Mädchen hat sicherlich nicht nur den Zweck, blühendes Leben und das Ende darzustellen. Vielfach ist hier auch eine deutlich erotische Komponente auszumachen – auch wenn Arthur E. Imhof aus „männlicher“ Sicht nachzuweisen sucht, dass der Tod auf dem Bild Baldungs (siehe rechts) zwar im Hintergrund agiert, aber trotzdem die Aufmerksamkeit des Betrachters eher auf sich zieht als der weibliche Akt. (Imhof, Tod, S. 41)
In den Bildern deutscher Künstler der Renaissance zum Thema „Tod und Mädchen“ mag die Darstellung einer nackten Frau nicht das „eigentliche Thema“ gewesen sein, aber immerhin ein Thema, das sich zudem vorzüglich zur Gegenüberstellung mit dem hässlichen Tod eignete.
Anhang: Bilder zur Geschichte von Sterben, Tod und Jenseits
Hans Baldung: Der Tod und das Mädchen, 1517; Basel, Kunstmuseum
„Der Tod und das Mädchen“ zeigt den unbarmherzigen Tod, der trotz des händeringenden Flehens des Mädchens auf den Weg in den Abgrund zeigt. „HI MUST DU YN“, heißt es oben – und es gibt kein Entrinnen: An den Haaren zieht das halb verweste Skelett das Mächen. Es scheint zu wissen, dass es körperlich nicht gegen den Tod ankommt, nur das Flehen und ein verzweifelter Blick mit klagendem Mund bleiben ihr.
Interessant ist auch hier das Spiel der Hände: Die rechte Hand der teuflischen Gestalt zeigt mit schwörender Geste – oder ist es die Umkehrung der Segensgeste Christi? – auf den Abgrund (siehe Ausschnitt). Die Hände des Mädchens sind zum Gebet verschränkt, wobei Zeige- und kleiner Finger der linken Hand nach innen gehen. Welche Bedeutung dies hatte, vermag ich nicht zu beurteilen.
Arthur E. Imhof (Der Tod zur rechten Zeit, S. 41) bemerkt zu diesem Bild noch, dass hier alles auf denTod hindeute – es gebe keinen Ausweg mehr, keine Aussicht auf eine Auferstehung, so wie Baldungs gesamtes Werk „eine Brutalität und Hoffnungslosigkeit von Sterben und Tod“ ausdrücke.
Leben und Werk Hans Baldungs:
- 1484/85 geb. in Schwäbisch Gmünd oder Weyersheim bei Straßburg
- 1503 Eintritt in die Werkstatt Albrecht Dürers in Nürnberg
- 1510 wird Baldung Meister in Straßburg; Heirat Margaretha Herlins
- 1512-17 tätig in Freiburg/Breisgau, danach zurück nach Straßburg
- 1545 gest. in Straßburg
Hans Baldung, einer der bekanntesten Schüler Albrecht Dürers schuf etliche religiöse, aber auch mythologische Bilder mit teilweise erotischen Motiven. Auch der Tod und Hexen waren immer wieder Themen seiner Darstellungen, die eine große Eigenständigkeit an den Tag legten.
Hans Baldung gilt als Begründer des deutschen Manierismus, der sich u.a. durch die fantastische, verzerrte, groteske Darstellung der Wirklichkeit auszeichnete. Seine Hinwendung zum Manierismus manifestierte sich zuerst in einer Darstellung des heiligen Stephanus, der gesteinigt wurde.
Baldungs Todes- und Hexenbilder beinhalten oftmals weibliche Akte mit starken sinnlichen Momenten. Zu den späten Werken Baldungs gehören v.a. die Allegorien über die Vergänglichkeit.