Chronik: 16. Jahrhundert – 1514
1514: „Armer Konrad“ und der Tübinger Vertrag
Unter dem „Armen Konrad“ ist „eine überständisch und überterritorial agierende und organisierte Widerstandsbewegung (zu verstehen), die längerfristig eine Massenbewegung vorbereitete, deren Ziel der Sturz der bestehenden Herrschafts- und und Gesellschaftsordnung war.“ (Zitate nach Blickle/Adam: Bundschuh, 2004, S. 184)
Im Mai 1514 plante der württembergische Herzog Ulrich, auf alle Lebensmittel eine Steuer zu erheben, die seinen verschuldeten Haushalt sanieren sollte. Dagegen formierte sich im Remstal (östlich von Stuttgart) ein breiter öffentlicher Widerstand. Unzufrieden war der „einfache Mann“ schon länger, doch diese Pläne Ulrichs ließen das Fass überlaufen. Zwar zog er die Steuerpläne wieder zurück, unter dem Namen „Armer Konrad“ bildete sich der Widerstand aber weiter aus. In Württemberg kam es zu Tumulten, die schließlich von Ulrichs Truppen niedergeschlagen wurden. Die gefangen genommenen Anführer wurden getötet, die Mitläufer gefoltert und eingesperrt.
Herzog Ulrich sicherte sich im Kampf gegen den „Armen Konrad“ die Unterstützung der Landschaften, also der Landstände, die gegenüber dem Landesherrn das Land und die Bevölkerung vertraten und sich als Landtag versammelten. Auch sie sahen ihre Stellung die Bewegung bedroht. Der zwischen ihnen und dem Herzog geschlossene Tübinger Vertrag legte fest, dass die Landschaften zur Tilgung der herzoglichen Schulden beitragen sollten. Im Gegenzug musste der Herzog den Landschaften bedeutende Rechte zusichern.
1514: Deutliche Zunahme des Ablasshandels in Deutschland
Unter Papst Leo X. wurde der Ablass Papst Julius II. (s. 1506) auch ins Heilige Römische Reich gebracht. Albrecht von Brandenburg nutzte diesen zur Abtragung seiner Schulden bei den Fuggern.
Albrecht von Brandenburg war bereits Erzbischof von Magdeburg und interessierte sich für den Bischofssitz in Mainz. Da solch eine Ämteranhäufung kirchenrechtlich nicht erlaubt war, musste eine Ausnahme durch einen recht hohen Geldbetrag an Rom erkauft werden. Zusammen mit den „normalen“ Kosten für die Berufung auf einen Bischofsstuhl kostete Albrecht dieser Schritt 24.000 Golddukaten – er nahm einen Kredit bei der Handelsfamilie der Fugger auf.
Der Ablass bot Albrecht von Brandenburg nun die Möglichkeit, diese Schulden wieder loszuwerden. Für die Erlaubnis, dass der Ablass in seinen Landen verkauft werden dürfe, erhielt er die Zusage, die Hälfte der Ablassgelder behalten zu dürfen. (Schilling, S. 162 f.) Mit der Durchführung der Ablasspredigten wurde der Dominikanermönch Johannes Tetzel beauftragt.
Wenngleich Martin Luther sicherlich nicht alle fiskalischen und politischen Hintergründe bewusst waren, kann die Praxis in Brandenburg als „Initialzündung für die Reformation“ angesehen werden (Schnabel-Schüle, S. 65). Luther erstellte seine berühmten „95 Thesen gegen den Ablass“.